1998 / 02 - Bepflanzung von Flächen des öffentlichen Grüns zur Verkehrsberuhigung

Einleitung und Problemstellung

Verkehrsberuhigungsmaßnahmen - Straßeninseln, -ausbuchtungen und Randstreifen - dienen in erster Linie dazu, den Verkehr und die Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge zu mindern. Sie tragen aber auch maßgeblich zur Gestaltung des Straßen- und Ortsbildes bei. Neben den Gestaltungsaspekten sind bei der Bepflanzung solcher Flächen die besonderen Verhältnisse des Bodens und des Mikroklimas zu beachten. Verdichtung und Versiegelung sowie die erhöhte Verdunstung durch den Fahrtwind sind insbesondere Belastungsfaktoren für die Pflanzen auf verkehrsberuhigenden Flächen.

Vermeidung von "mobilem" Grün und Wechselbepflanzungen
Das sogenannte mobile Grün in der Form von Pflanzkübeln oder -töpfen ist als Straßenbegleitgrün möglichst zu vermeiden, da hierdurch
  1. die Bodenversiegelung mit allen ihren Nachteilen gefördert wird,
  2. ein erhöhter Aufwand für Düngung und Bewässerung erforderlich wird,
  3. durch äußere Einflüsse sowohl in der Form von extremen Temperatur- und Strahlungseinwirkungen als auch durch das Risiko des Vandalismus der Lebenszyklus des mobilen Grüns sehr viel kürzer ist als bei Gehölzen, die im offenen Boden stehen.

Pflanzkübel sollten daher lediglich speziellen Standorten etwa vor repräsentativen Gebäuden vorbehalten bleiben, wo ein entsprechender Schutz gewährleistet und der Aufwand gerechtfertigt ist.

Wegen des hohen Pflegeaufwands und der damit verbundenen Kosten sollte in der Regel auch von Wechselbepflanzungen abgesehen werden. Diese werden nur dann in Frage kommen, wenn besondere gestalterische Anforderungen an solche Flächen gestellt werden.

Bepflanzung
Die klassische Bepflanzung zur Verkehrsberuhigung stellen die in der Form einer Halbinsel in die Fahrbahn hervorspringenden Ausbuchtungen dar. Sie sind zumeist mit einem Laubhochstamm und flachwachsenden Bodendeckern bepflanzt. Dieses Bepflanzungsschema gewährleistet sowohl eine deutliche Signalwirkung durch schlankwachsende Hochstämme als auch eine ausreichende Sicht durch ein hohes Lichtraumprofil der Bäume. Dieses sollte auf jeden Fall höher als zwei Meter sein. Es läßt sich einfach durch weitere Aufastungen vergrößern. Für einen Hochstamm ist eine Pflanzfläche von mindestens 4 Quadratmetern erforderlich, um einen genügend großen, gut gelockerten und damit gut durchwurzelbaren Raum für den Wurzelkörper herzustellen.

Geeignete Gehölzarten
Zur Verwendung als Hochstämme sind geeignet Baumhasel (Corylus colurna), Amberbaum (Liquidambar styraciflua), Wildbirne (Pyrus calleryana) sowie Mehlbeere (Sorbus aria) und Eberesche (Sorbus aucuparia), die sowohl auf feuchten als auch trockenen Böden gedeihen. Etliche Gehölzarten weisen durch bestimmte Wuchsformen wie z.B. Kugelahorn (Acer platanoides "Globosum") oder Pyramiden-Hainbuche (Carpinus betulus "Fastigiata") Kronen mit einem geringen Volumen auf und sind damit auch gut für den genannten Verwendungszweck geeignet. Mittelhohe Blütensträucher sollten nicht gepflanzt werden, da sie ein die Sicht begrenzendes Hindernis darstellen und in einem zu starken Maße in eine Wasser- und Nährstoffkonkurrenz zu den gepflanzten Hochstämmen treten würden. Als Unterpflanzung werden bodendeckende Gehölze verwandt. Für halbschattige Lagen sind dies Pachysandra (Pachysandra terminalis), Immergrün (Vinca minor), Efeu (Hedera helix) und Geißblatt (Lonicera pileata). Auf sonnigen Standorten sind besser geeignet Bodendeckerrosen (Rosa hybr.), Sommerspiere (Spirea bumalda), Johanniskraut (Hypericum calycinum) und Fünffingerstrauch (Potentilla fruticosa).

Anforderungen an den Boden und Mikroklima
Der Boden der zu bepflanzenden Fläche muß gelockert sein und in seiner Wasserführung und Belüftung Anschluß an den Unterboden haben. Eventuelle durch Baumaßnahmen verursachte Verdichtungshorizonte müssen unbedingt aufgebrochen werden. Positiv zu beurteilen ist die Einbringung von gut verrottetem Kompost, der allerdings nicht tiefer als 30 bis 40 cm in den Boden eingebracht werden darf, um Fäulniserscheinungen zu vermeiden. Frisch gepflanzte Gehölze dürfen auf keinen Fall mit sofort löslichen mineralischen Volldüngern, z.B. Blaukorn, gedüngt werden. Dies würde zu Verbrennungen führen. Dagegen können jedoch Depotdünger, die ihre Nährstoffe in Langzeitwirkung nur allmählich in eine pflanzenverfügbare Form umsetzen, der Pflanzerde beigemischt werden. Dadurch werden die Anwachsergebnisse auf ungünstigen Standorten verbessert.

Pflegeaufwand
Frisch gepflanzte Gehölze auf verkehrsberuhigenden Flächen sind durch Verdunstung und Austrocknung einem besonderen Streß ausgesetzt. Demzufolge ist besonders während der Anwachszeit im Verlauf der ersten drei Jahre ein besonderes Augenmerk auf die Bepflanzung zu richten. Hierzu zählen das Wässern und die Ausschaltung konkurrierender Unkräuter und Ungräser. Eine Abdeckung mit organischen Materialien wie Kompost oder Rindenkompost ist aus Gründen der Wasserführung und Bodenverbesserung sinnvoll. Da verkehrsberuhigte Zonen zum Nutzen der Anwohner sind, sollten Patenschaften zur Pflege vergeben werden.

Ausblick
Die dargelegten Maßnahmen dienen in geringem Maße der Entsiegelung befestigter Verkehrsflächen und sind Lebensraum der sonst verdrängten Flora und Fauna. Im dichtbesiedelten Bereich können sie durch Verdunstung, Verbesserung der Luftqualität und Minderung der Temperaturmaxima im Sommer das Kleinklima positiv beeinflussen. Schließlich können grüne Gestaltungselemente auch im Verkehrsraum das Wohn- und Arbeitsumfeld aufwerten.
Die speziellen Aspekte der Anlage und Pflege von Baumscheiben werden im nächsten Grünen Blatt (3/98) behandelt.

GrBl1998_02.pdf