Vitamin D – das „Sonnen-Vitamin“

Stand: 04/28/2020
Vitamin D wird gerne auch das „Sonnen-Vitamin“ genannt. Zu Recht, kann es doch durch Einwirkung von Sonnenlicht (UV-B-Strahlung) selbst vom Körper gebildet werden. Neben seinen Wirkungen auf den Kalzium- und Knochenstoffwechsel kennt man weitere Funktionen des Vitamins und diskutiert risikomindernde Effekte einer guten Vitamin D-Versorgung für bestimmte Erkrankungen.

Wofür brauchen wir Vitamin D? Kann über Nahrungsmittel und körpereigene Synthese der Bedarf gedeckt werden? Oder ist es sinnvoll, Supplemente einzunehmen?

Inhalt:
Vitamin D – das Vitamin mit Hormoncharakter
Vitamin D übernimmt wichtige Aufgaben
Vitamin D – Sonne ist wichtig
Vitamin D – Bedarf, Zufuhr und Versorgung
Vitamin D Supplemente für Risikogruppen sinnvoll
Fazit
Quellen und weiterführende Informationen


Vitamin D – das Vitamin mit Hormoncharakter

Vitamin D gehört zu den fettlöslichen Vitaminen. Der Begriff Vitamin D umfasst mehrere Wirkstoffe, die auch als Calciferole bezeichnet werden. Vitamin D2 (Ergocalciferol) aus Pilzen und Pflanzen sowie Vitamin D3 (Cholecalciferol), das in tierischen Organismen vorkommt, können vom Menschen genutzt werden.
Vitamin D aus Nahrungsmitteln wird im Dünndarm resorbiert, in Chylomikronen (Lipoproteine) eingebaut und gelangt über die Lymphe in den Blutkreislauf. Die Vitamin D-Zufuhr über Nahrungsmittel macht meist nur einen geringen Anteil aus. 80 bis 90 Prozent des Bedarfs werden bei ausreichender Sonnenlichtbestrahlung vom Körper selbst in der Haut mit Hilfe von ultraviolettem Licht (UV-B-Strahlung) aus der Vorstufe Dehydrocholesterin gebildet. Mit dem Blut wird Vitamin D3 zur Leber transportiert, zu 25-Hydroxy-Cholecaliferol (25-OH-D3, Calcidiol) umgebaut und bei Bedarf primär in den Nieren zu aktivem Calcitriol (1,25-(OH) 2-D3, Vitamin-D3-Hormon) umgewandelt.
Vitamin D kann in Fettgewebe, Muskulatur und Leber gespeichert werden. Durch körperliche Aktivität kann es freigesetzt werden und in sonnenarmen Zeiten zur Versorgung beitragen.

Die Eigensnythese von Vitamin D mit Hilfe der UV-B-Strahlung gelingt nur im Freien. Ein Aufenthalt beispielsweise in lichtdurchfluteten Räumen hat keine Wirkung, da die UV-B-Anteile des Sonnenlichts nicht durch die Glasscheiben dringen können.

Weil der überwiegende Anteil des benötigten Vitamin D selbst gebildet wird, bezeichnet man es gerne als Vitamin D-Hormon.
Körpereigene Regulationsmechanismen verhindern eine Überdosierung infolge der Eigensynthese.


Vitamin D übernimmt wichtige Aufgaben

Vitamin D reguliert in engem Zusammenspiel mit den Hormonen Calcitonin (Schilddrüse) und Parathormon (Nebenschilddrüsen) den Stoffwechsel der beiden Mineralstoffe Kalzium und Phosphat. Verschiedene Regulationsmechanismen bewirken, dass die Blutkalzium- und Phosphatkonzentrationen in engen Grenzen konstant gehalten werden. Vitamin D steigert die Aufnahme des Nahrungskalziums aus dem Darm, hemmt die Ausscheidung von Kalzium über die Nieren und fördert den Einbau von Kalzium in die Knochen. Damit leistet Vitamin D einen wichtigen Beitrag zum Aufbau, zur Erhaltung und Stabilität von Knochen und Zähnen.

Weiterhin beeinflusst Vitamin D die Muskelstärke und Muskelkoordination. Es ist wichtig für eine funktionierende Immunabwehr sowie für die Zellbildung und -differenzierung. Viele Körperzellen verfügen über Vitamin D-Rezeptoren, so dass Vitamin D eine Vielzahl weiterer Stoffwechselprozesse beeinflussen kann. Unter anderem gehören dazu die Insulinfreisetzung und -sensibilität, die Herzmuskelkontraktion und der Blutdruck oder auch Funktionen des Zentralnervensystems.


Vitamin D – Sonne ist wichtig

Der Beitrag der körpereigenen Synthese zur Versorgung mit Vitamin D kann individuell sehr unterschiedlich sein und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidend sind unter anderem die geografische Lage, die Jahreszeit und die Tageszeit, die Witterung, die Kleidung und die Dauer des Aufenthalts im Freien. Außerdem spielt der Hauttyp eine Rolle.
In Deutschland (Breitengrad von 47 bis 55 N°) ist es von etwa März bis Oktober möglich, den Bedarf durch Eigensynthese zu decken. Dazu reicht es, wenn Erwachsene täglich zwischen 12 Uhr und 15 Uhr ein Viertel der Körperoberfläche (Gesicht, Hände und Teile von Armen und Beinen) 5 bis 25 Minuten der Sonne auszusetzen. Sonnenschutzmittel mit hohem Schutzfaktor reduzieren die Bildung von Vitamin D. In den Wintermonaten ist die Sonneneinstrahlung nicht stark genug, um eine ausreichende Vitamin-D-Bildung zu gewährleisten.

Tabelle: Empfohlene Dauer der Sonnenlichtbestrahlung bei verschiedenen Hauttypen in Abhängigkeit von der Jahreszeit (Höchstangaben)
Hauttyp I/ II
(sehr helle bis helle Hautfarbe, hellrotes oder blondes Haar, blaue oder grüne Augen)
Hauttyp III
(mittlere Hautfarbe, dunkle Haare, braune Augen)
März - Mai
10 - 20 Minuten
15 - 25 Minuten
Juni - August
5 - 10 Minuten
10 - 15 Minuten
September - Oktober
10 - 20 Minuten
15 - 25 Minuten
Quelle: DGE

Am Vormittag von 10 bis 12 Uhr und am Nachmittag von 15 bis 18 Uhr kann die Expositionszeit verdoppelt werden.
Kindern und Jugendlichen (Hauttyp II und III) wird empfohlen, sich in den Sommermonaten zweimal in der Woche zwischen 10 und 15 Uhr für 5 bis 30 Minuten mit unbedecktem Gesicht, freien Armen und Beinen im Freien zu bewegen.

Im Sommer können die Vitamin D-Speicher des Körpers gefüllt werden, um zur Versorgung im Winter beizutragen.


Vitamin D – Bedarf, Zufuhr und Versorgung

Der Schätzwert für die angemessene Vitamin D-Zufuhr der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) liegt bei 20 µg/ Tag (800 IE) für alle Altersstufen. Der Schätzwert gilt nur bei fehlender Eigenproduktion.
Ausgenommen hiervon sind Säuglinge. Diese sowie Kleinkinder bis zum zweiten erlebten Frühsommer sollten zusätzlich zur Ernährung mit Muttermilch oder Säuglingsmilch als Rachitisprophylaxe 10 µg bis 12,5 µg (400 bis 500 IE) Vitamin D pro Tag erhalten, so die Handlungsempfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben.

Vitamin D kommt nur in einigen wenigen Lebensmitteln in nennenswerten Mengen vor. So nehmen Kinder im Durchschnitt auch nur 1 bis 2 µg Vitamin D und Erwachsene 2 bis 4 µg Vitamin D über Lebensmittel auf.
Vitamin-D-reich sind vor allem Fettfische wie Hering, Lachs oder Makrele. Gute Lieferanten sind auch Eier (Eigelb), Leber, Käse, Butter und Pilze wie Champignons und Pfifferlinge. Margarine und Mischfette dürfen mit Vitamin D angereichert werden.

Tabelle: Vitamin D-Gehalt in Lebensmitteln
Lebensmittel Vitamin D (pro 100 Gramm*)
Hering 7,80-25,00 µg
Lachs 16,00 µg
Hühnereigelb 5,60 µg
Makrele 4,00 µg
Hühnerei, gesamt 2,90 µg
Margarine 2,50 µg (per Ausnahmegenehmigung bis 7,5 µg)
Pfifferlinge 2,10 µg
Champignons 1,90 µg
Rinderleber 1,70 µg
Goudakäse, 45% F. i. Tr. 1,30 µg
Butter 1,20 µg
Kalbsleber 0,33 µg
Vollmilch, 3,5% Fett0,09 µg
*1 µg = 40 Internationale Einheiten (IE); 1 IE = 0,025 µg
Quelle: DGE

Vitamin D ist hitzestabil (bis 180°C), aber empfindlich gegenüber Sauerstoff und Licht. Dies ist bei der Lagerung von Lebensmitteln zu beachten.

Ein Maßstab für die individuelle Vitamin D-Versorgung ist die Blutkonzentration an 25-OH-D3. Angestrebt wird ein Wert von 50 nmol pro Liter, den nach Daten des Robert Koch Instituts (RKI) rund die Hälfte der Bevölkerung erreicht. Allerdings wurden auch bei 12 Prozent der Kinder und Jugendlichen und 15 % der Erwachsenen Werte unter 30 nmol/ Liter festgestellt, ein Hinweis auf eine mangelhafte Vitamin D-Versorgung, verbunden mit einem erhöhten Risiko für Osteomalazie (bei Erwachsenen) und Rachitis (bei Kindern).
RKI, DGE und Max Rubner Institut (MRI) schätzen die Versorgung mit Vitamin D so ein, dass zwar bei der Mehrheit der Bevölkerung kein Mangel vorliegt, dass aber „ein großer Anteil der Bevölkerung das präventive Potenzial von Vitamin D für die Knochengesundheit nicht ausnutzt und somit nicht ausreichend versorgt ist.“

Eine gute Vitamin-D-Versorgung ist wichtig und muss auch im Hinblick auf die weiteren Stoffwechselfunktionen (siehe oben) angestrebt werden.


Vitamin D Supplemente für Risikogruppen sinnvoll

Ansätze zur Verbesserung der Versorgung mit Vitamin D können die Anreicherung von ‚Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs‘ oder von Nahrungsergänzungsmitteln sein.

Die Frage einer Nahrungsergänzung stellt sich insbesondere, wenn die Eigensynthese von Vitamin D durch Sonnenbestrahlung gering(er) ist. Das kann altersbedingt sein, weil die Fähigkeit der Haut zur Vitamin D-Synthese im Alter abnimmt. Weitere Ursachen können beispielsweise eine dunkle Hautfarbe sein oder dass sich Menschen nicht im Freien aufhalten (können) oder sich nur mit bedecktem Körper - aus gesundheitlichen oder religiösen Gründen - im Freien aufhalten. Bei Adipositas besteht ein erhöhter Bedarf an Vitamin D.
Ein besonderes Augenmerk muss mobilitätseingeschränkten, chronisch kranken und/ oder pflegebedürftigen älteren Personen gelten. Die Vitamin D-Versorgung sollte von ärztlicher Seite überprüft und ggfs. durch Supplementierung korrigiert werden.

Bei guter Vitamin D-Ausgangsversorgungslage hingegen sei kein Zusatznutzen durch die zusätzliche Einnahme von Vitamin D zu erwarten, das Risiko für Knochenbrüche, Stürze, Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus oder Krebserkrankungen werde nicht beeinflusst, so die Aussage des BfR. Die Einnahme von Vitamin D-haltigen Präparaten zur Vorbeugung von Erkrankungen sei aktuell nicht begründbar und wird nicht empfohlen.

Eher ist es umgekehrt, denn „viel hilft nicht viel.“
Da Vitamin D fettlöslich ist, werden Überschüsse weniger ausgeschieden als vielmehr im Körper gespeichert, so dass der Spielraum zwischen erwünschter und unerwünschter Zufuhr relativ eng ist. Eine überhöhte Vitamin D-Zufuhr kann ins Gegenteil umschlagen. Laut BfR weisen Studien darauf hin, dass bei länger anhaltenden Blutwerten ab 100 nmol 25-OH-D3/ Liter die Knochendichte bei älteren Frauen sinken und das Sturzrisiko steigen kann und dass sich Herzfunktionen bei Herzpatienten verschlechtern können. Langfristig kann es zu erhöhten Blut-Kalziumkonzentrationen (Hypercalciämie) kommen mit Symptomen wie Müdigkeit, Muskelschwäche, Übelkeit, Herzrhythmusstörungen und der Gefahr der Bildung von Nierensteinen, Nierenverkalkungen und nachlassender Nierenfunktion.

Kinder ab 11 Jahre und Erwachsene sollten deshalb täglich insgesamt nicht mehr als 100 µg Vitamin D (4000 IE) und Kinder bis 10 Jahre nicht mehr als 50 µg Vitamin D (2000 IE) aufnehmen, so der Tolerable Upper Intake Level (UL) der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), der auch Grundlage der Überlegungen des BfR ist. [UL = maximale Aufnahmemenge eines Nährstoffes aus allen Quellen, die täglich gerade noch aufgenommen werden kann, ohne dass langfristig gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten sind.]

Vor diesem Hintergrund empfiehlt das BfR allen, die Vitamin D ergänzen möchten, die Tagesdosis von 20 µg (800 IE) nicht zu übersteigen. Eine Einnahme hochdosierter Produkte sollte immer nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen (siehe oben).

Eine Anreicherung von ‚Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs‘ mit Vitamin D ist seit 2006 grundsätzlich in der EU erlaubt. Die Verordnung verlangt jedoch, dass Höchstmengen festgelegt werden, was bisher nicht geschah. Solange keine EU-weiten Höchstmengen vorliegen, gilt nationales Recht. In Deutschland darf Vitamin D nur per Allgemeinverfügung oder Ausnahmegenehmigung Lebensmitteln zugesetzt werden. Das BfR hat dazu Vorschläge für Höchstmengen einer Vitamin D-Anreicherung für die Lebensmittelgruppen Milch und Milchprodukte, Brot und Getreideprodukte, Streichfette und Speiseöle entwickelt, um auf der einen Seite einer Überversorgung von Menschen vorzubeugen und auf der anderen Seite einen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung zu leisten.
Ein Marktcheck der Verbraucherzentralen (2021) zeigt ein eher kritisches Bild. Bei rund 60 Prozent der betrachteten Produkte fehlte laut Verbraucherzentrale eine Genehmigung oder Allgemeinverfügung und bei etwa 20 Prozent der Lebensmittel waren die empfohlenen Höchstmengen überschritten. Sie empfiehlt, beim Einkauf auf eventuelle Vitamin D-Zusätze in Lebensmitteln zu achten und täglich nicht mehr als 10 µg Vitamin D durch angereicherte Lebensmittel aufzunehmen.


Fazit

Im Vordergrund steht die körpereigene Bildung des Vitamins D durch gut dosierte Sonnenbestrahlung der Haut, ergänzt um den regelmäßigen Verzehr Vitamin D-haltiger Lebensmittel. Eine gute Grundversorgung über das Jahr an kann gelingen:
  • Bewegen Sie sich täglich im Freien, möglichst in der Zeit des späten Vormittags bis frühen Nachmittags. Nutzen Sie beispielsweise Ihre Mittagspause für einen kurzen Spaziergang.
  • Achten Sie bei längeren Aufenthalten in der Sonne auf ausreichenden Sonnenschutz.
  • Regelmäßige Bewegung und Sport fördern die Freisetzung von Vitamin D aus den Speichern und stärken Muskeln und Knochen.
  • Essen Sie in der Woche einmal eine Portion fettreichen Fisch und genießen Sie ab und an ein Frühstücksei oder ein Eiergericht. Speisepilze können Gerichte geschmacklich ergänzen, z.B. eignen sich Champignons als Salatzugabe oder als Grundlage für eine Pasta-Soße.

Aus heutiger Sicht ist eine allgemeine Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin D oder die regelmäßige Einnahme von Supplementen nicht angezeigt.
Hingegen sollte bei Risikopersonen der Vitamin-D-Status von Seiten des Hausarztes überprüft und bei Bedarf eine Supplementierung erfolgen.


Quellen und weiterführende Informationen


irmgard.luetticken@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de/ernaehrungsberatung