Ernährungsempfehlungen bei Nahrungsmittelallergien

Stand: 09/01/2021
Lebensmittelallergien sind keine neue Erkrankung, sie wurden schon im Altertum beschrieben. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren wahrscheinlich gestiegen, aber nicht weil unsere Nahrung gefährlicher oder wir Menschen empfindlicher wurden. Ein wesentlicher Grund ist, dass wir heute sehr viele verschiedene, auch exotische Lebensmittel essen und auch solche, denen z.T. unerwartete Stoffe zugesetzt werden - man denke an Sojaeiweiß oder Hühnereiprodukte in vielen Fertiggerichten. So befürchtet man beispielsweise auch, dass sich das Erbsenprotein zum „neuen“ Allergen entwickelt, bedingt durch die vielfältige Verwendung in Produkten der veganen Branche und der Fitnessbranche, z.B. als Zutat bei Chips, Proteinpulver, Nudeln, Fleischersatz etc.

Der wichtigste Grundsatz für Lebensmittelallergiker lautet: Keine Lebensmittel verzehren, die individuell die Allergien auslösen!
Zum Teil werden die betroffenen Nahrungsmittel bis zu einer bestimmten Menge oder in verarbeiteter Form vertragen. Gegartes Gemüse oder Obstkompott sind z.B. oft verträglicher als die rohen Früchte oder Rohkost. Dies hängt davon ab, ob es sich um eine primäre oder sekundäre Allergie handelt und auf welches Protein man reagiert. Bei Äpfeln gibt es große Sortenunterschiede. Das muss individuell getestet werden. Das Führen eines Allergietagebuches kann hierbei sehr hilfreich sein.

Vielfach werden eine naturbelassene Kost (“Biokost”) oder spezielle Außenseiterdiäten für Allergiker empfohlen. Solche allgemeinen Hinweise sind aus mehreren Gründen abzulehnen:
  • Naturbelassene Lebensmittel sind auch allergen. Umgekehrt - manche Allergene werden durch kurzes Erhitzen in ihrer Wirkung abgeschwächt oder gar unschädlich gemacht. Um herauszufinden, auf welches Protein man konkret reagiert, ist eine Molekulardiagnostik empfehlenswert (wird i.d.R. von der Krankenkasse übernommen).
  • Der Ersatz tierischer Lebensmittel durch Sojaprodukte muss sorgfältig überprüft werden, denn Soja ist ein relativ häufiges und potentes Allergen. Vorsicht auch bei Erbsenprotein (siehe oben).
  • Auch andere pflanzliche Lebensmittel verursachen zum Teil häufige und starke Allergien.
  • Das Weglassen ganzer Nahrungsmittelgruppen aus der Ernährung bewirkt sehr schnell einen Nährstoffmangel.
  • „Gesunde” Nahrungsmittel können für Menschen mit entsprechender Allergie gefährlich sein.


Wie kann der Nahrungsmittelallergie vorgebeugt werden?

Das Auftreten einer Nahrungsmittelallergie wird durch Alter, Geschlecht, geografische Lage, genetische Disposition und dem Vorhandensein anderer Typ-1-allergischer Erkrankungen (z.B. allergischer Schnupfen, Nesselausschlag, Asthma, Pollenallergien, Insektengiftallergien, Arzneimittelallergien und mehr) beeinflusst.
Säuglinge sollten möglichst in den ersten vier bis sechs Lebensmonaten gestillt werden. Säuglinge mit erhöhtem Allergierisiko, die nicht gestillt werden, sollten spezielle HA-Nahrung (HA = hypoallergen) bekommen. Beikost sollte ab dem fünften bis siebten Monat und stufenweise eingeführt werden. Eine gute Orientierung bieten die Handlungsempfehlungen des Netzwerks Junge Familie.

Lange Zeit waren die Empfehlungen zur Vorbeugung allergischer Erkrankungen für das Säuglings- und Kleinkindalter geprägt von der Nahrungskarenz. Nicht nur, dass diese wirkungslos war, sie war auch extrem einschränkend. Seit der Erstellung der S3-Leitlinie Allergieprävention steht die gezielte Förderung der Toleranzentwicklung im Mittelpunkt. Eine „vorbeugende“ Meidung potenter Nahrungsmittelallergene, wie z.B. glutenhaltige Getreide oder Fisch, wird auch für Säuglinge und Kleinkinder nicht mehr empfohlen.

„Allergieprävention fokussiert heute auf eine gesunde Ernährungsweise als Grundlage einer guten Immunantwort. Wichtig ist, dass eine bestehende Toleranz durch regemäßigen Verzehr erhalten wird und der Nachweis einer Sensibilisierung sollte eine Überprüfung der klinischen Relevanz nach sich ziehen“, so bringen es die Autoren Torsten Schäfer und Imke Reese in ihrem Buch „Allergie Prävention“ (Verlag De Gruyter, Berlin/Boston 2020, S. 80) auf den Punkt.


Tipps für Lebensmittelallergiker
  • Essen Sie abwechslungsreich und vollwertig.
  • Schränken Sie den Verzehr des auslösenden Allergens soweit ein wie erforderlich, um die allergischen Reaktionen zu meiden. Lassen Sie sich durch einen Allergologen sowie eine Ernährungsfachkraft Allergologie beraten.
  • Bereiten Sie die Speisen soweit wie möglich aus frischen Zutaten selbst zu.
  • Lesen Sie die Zutatenliste von verpackten Lebensmitteln aufmerksam im Hinblick auf mögliche Allergene durch. Insbesondere Milch- und Sojaeiweiß sind in vielen verarbeiteten Lebensmitteln zu finden. Die so genannten Hauptallergene müssen auf Fertigpackungen immer gekennzeichnet sein. Dazu gehören:
  1. glutenhaltiges Getreide, namentlich Weizen (wie Dinkel und Khorasan-Weizen), Roggen, Gerste, Hafer oder Hybridstämme davon
  2. Krebstiere
  3. Eier
  4. Fisch
  5. Erdnüsse
  6. Sojabohnen
  7. Milch (einschließlich Laktose)
  8. Schalenfrüchte, namentlich Mandeln, Hasel-, Wal-, Kaschu-, Peca-, Para-, Macadamia-, Queenslandnüsse, Pistazien
  9. Sellerie
  10. Senf
  11. Sesamsamen
  12. Schwefeldioxid und Sulfite in Konzentrationen von mehr als 10 mg/ kg oder 10 mg/ l SO2
  13. Süßlupinen
  14. Mollusken (Weichtiere)
  • Fragen Sie gegebenenfalls Ihren Bäcker und Metzger gezielt nach den Zutaten seiner Produkte.
  • Meiden Sie Speisen mit unbekannter Zusammensetzung.
  • Lesen Sie sich auch die Zusammensetzung von Medikamenten genau durch, ob Sie die Zutaten vertragen.


Quellen und weiterführende Informationen


    www.Ernaehrungsberatung.rlp.de