Entstehung und Verlauf von Allergien

Stand: 09/01/2021
Eine Allergie entsteht nach wiederholtem Kontakt mit dem allergieauslösenden Stoff, dem Allergen, und beruht auf einer Reaktion des körpereigenen Abwehrsystems:

Phase 1: Sensibilisierung
Ein körperfremdes Eiweiß, das Allergen, veranlasst das Immunsystem zur Bildung von spezifischen Antikörpern, z.B. von Immunglobulinen E (IgE). Die Antikörper werden an die entsprechenden Rezeptoren der Mastzellen (das sind Zellen des menschlichen Immunsystems) gebunden, die dadurch gegen das Allergen sensibilisiert sind.

Phase 2: Abwehrreaktion
Bei erneutem Kontakt kann die sensibilisierte Mastzelle das Allergen binden und Gewebshormone wie Histamin und Serotonin ausschütten. Diese bewirken die charakteristischen Symptome der Allergie.

Eine Sensibilisierung kann sich über Jahre erstrecken und muss nicht zwangsläufig zum Ausbruch der Allergie führen; bei sehr vielen Menschen zeigt sich im Test eine Sensibilisierung, ohne dass eine Allergie vorliegt. Bisher ist nicht geklärt, welche Allergenmengen zur Sensibilisierung und zur allergischen Reaktion führen; es scheint aber individuell unterschiedliche Schwellenwerte zu geben.

Die Reaktionen des Immunsystems sind sehr unterschiedlich. Manche treten innerhalb weniger Minuten bis zu 2 Stunden auf (Sofortreaktion), sogenannte Spätreaktionen erst nach 6 Stunden bis zu 48 Stunden. Meistens kommen beide Reaktionstypen nebeneinander vor.

Je nach beteiligtem Organsystem können unterschiedliche Symptome auftreten, oft auch in Kombination.

Symptome einer Nahrungsmittelallergie
(In Anlehnung an die S3 Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergie, Allergo J Int 2015)

ZielorganSymptome
Kreislauf
  • Schock
  • Blutdruckabfall (Hypotension)
  • Herzrasen, erhöhte Pulsfrequenz (Tachykardie)
  • Benommenheit, Schwindel
  • Kurze Bewusstlosigkeit (Synkope)
Haut und Schleimhaut
  • „flush“, flächenhafte Rötung
  • Ekzem(-verschlechterung)
  • Urtikaria (Nesselsucht)
  • Juckreiz
  • Angiödem (juckende Schwellung von Haut, Schleimhaut und angrenzendes Gewebe)
  • Exanthem (großflächiger Hautausschlag)
Augen
  • Juckreiz
  • Rötung
  • Tränenfluss
  • Schwellungen (periorbitales Ödem)
Obere Atemwege
  • Verstopfte Nase (nasale Kongestion)
  • Juckreiz
  • Schnupfen (Rhinorrhö)
  • Kehlkopfschwellung (Larynxödem)
  • Pfeifendes oder zischendes Atemgeräusch (Stridor)
  • Heiserkeit
  • Trockener Husten
Untere Atemwege
  • Husten
  • Engegefühl im Brustkorb (thorakales Engegefühl)
  • Schweratmigkeit, Atemnot (Dyspnoe)
  • Pfeifende Atemgeräuche (Giemen)
  • Sauerstoffmangel (Zyanose)
Mundrachenraum
  • Schwellungen der Lippen, Zunge und/oder Gaumens (Angioödeme)
  • Juckreiz vom Mund bis zum Speiseröhreneingangs (oraler und/oder pharyngealer Juckreiz)
  • Zungenschwellung
Magen-Darm-Trakt
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Kolikartige Bauchschmerzen
  • Chronisches Sodbrennen (gastroösophagealer Reflux)
  • Durchfall

Die Haut bzw. Schleimhaut ist das am häufigsten beteiligte Organsystem. Nahrungsmittelallergene können jede Form einer allergischen Reaktion hervorrufen. Anaphylaxie ist die schwerste Form der allergischen Reaktion, welche auch tödlich verlaufen kann. Bei einer Anaphylaxie sind immer mehrere Organsysteme betroffen.
Die Symptome sind von verschiedenen Faktoren, wie z.B. der Aufnahme des Nahrungsmittelproteins (Expositionsort), einer eventuellen vorliegen Erkrankung, der Häufigkeit der Aufnahme und der Dosis abhängig. Der Kontakt von Nahrungsmittelproteinen mit dem Immunsystem erfolgt am häufigsten oral/ gastrointestinal kann aber auch über die Haut, über die Atemwege oder über das Gefäßsystem erfolgen.

Die Stärke der Symptome ist individuell, ebenso die Allergenmenge, auf die reagiert wird. Die individuelle Verträglichkeit wird auch durch andere Faktoren beeinflusst wie Alkohol, Infekte, Medikamente, körperliche Anstrengung, Stress oder wenn mehrere Allergene gleichzeitig wirken, man spricht von sogenannten Kofaktoren.

Die Diagnose einer Lebensmittelallergie sollte von einem Allergologen durchgeführt und in Zeitabständen wiederholt werden, vor allem wenn es sich um Reaktionen gegen wichtige Grundnahrungsmittel handelt. Die Diagnose ist notwendig, um unnötige Ernährungseinschränkungen zu vermeiden. Sie umfasst mehrere Schritte:
  1. Anamnese: Erfassung der Krankengeschichte, z.B. auch mit Hilfe eines Allergietagebuches
  2. Sensibilisierungsstatus ermitteln (mittels Hauttest und/ oder IgE-Test)
  3. Die Ermittlung der klinischen Relevanz und Plausibilität anhand der klinischen Angaben
  4. Ggf. die diagnostische Eliminationsdiät und Provokationstestung

Ratsam ist es auch, eine Ernährungsfachkraft Allergologie (Adressen erhält man beim daab) aufzusuchen.
Adressen von Ernährungfachkräften finden Interessierte beispielsweise hier:
Deutscher Allergie- und Asthmabund (daab) (Hrsg): daab-Wegweiser. Finden Sie hier Ihren Allergieexperten, im Internet unter daab.de (Zugriff 01.09.2021)
Berufsverband Oecotrophologie e.V. (vdoe) (Hrsg.): VDOE-Expertensuche, im Internet unter vdoe.de (Zugriff 01.09.2021)


Eliminationsdiät (Definition daab)

„Dies ist eine spezielle Diät, die durch ein systematisches Ausschlussverfahrung Nahrungsmittelunverträglichkeiten aufdeckt. Besteht der Verdacht, auf ein oder mehrere Lebensmittel als Allergieauslöser, so werden diese im Rahmen der „Suchdiät“ (zwei bis vier Wochen) aus dem Speiseplan gestrichen (eliminiert). Tritt nach dieser Zeit keine Symptomfreiheit oder keine wesentliche Linderung der Beschwerden ein, können die ausgelassenen Nahrungsmittel als Auslöser mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Wird der Betroffene unter der Diät symptomfrei, weist dies auf das vermutete Allergen hin. In der nächsten Phase werden dann die als mögliches Allergen in Frage kommenden Lebensmittel bewusst gegessen, um mögliche Reaktionen zu provozieren. Die Eliminationsdiät wird immer vom Arzt begleitet.“


Provokationstest (Definition daab)
„Kontrolltest mit Allergenen, die direkt am betroffenen Organ getestet werden. Bei einer Lebensmittelallergie wird das allergieverdächtige Lebensmittel verzehrt, beim Pollenallergiker werden Pollen inhaliert.“


Quellen
  • Deutscher Allergie und Asthmabund (daab) (Hrsg.) Deutsch-allergisch - allergisch-deutsch, im Internet unter daab.de (Zugriff am 20.08.2021)
  • Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) (Hrsg.): S2k-Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien, in: Allergo J Int 2015;24:261, im Internet unter dgaki.de (Zugriff 01.09.201)
  • Torsten Schäfer und Imke Reese: Allergie Prävention, Verlag De Gruyter, Berlin/Boston 2020
  • Ute Körner, Astrid Schareina: Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten, Thieme Verlag, Stuttgart 2021


    www.Ernaehrungsberatung.rlp.de