Wie viel Zucker darf es sein? | |||||||||||||||||||||||||||
Etwas Süßes wird immer gerne gegessen und getrunken. Zucker, in süßen Speisen, süßen Getränken oder in Schokolade und anderen Süßigkeiten, gehört ganz selbstverständlich im Leben dazu. Das war nicht immer so. Denn erst mit der Entdeckung des Zuckergehaltes in Runkelrüben und der Entwicklung der Rübenzuckerindustrie im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde der Zucker für Jeden in Deutschland erschwinglich. Zuvor war das tropische Zuckerrohr der einzige Rohstofflieferant und Zucker war für die breite Bevölkerung kaum erschwinglich. Zucker bietet vielfältigen Nutzen, unter anderem:
Das Lebensmittel Zucker ist nicht unumstritten. Er gilt teilweise als Dickmacher, als Ursache für verschiedene Stoffwechselerkrankungen oder auch als Vitaminräuber. Er wird aber auch gerne positiv als Nervennahrung beworben. Sind diese Aussagen ein Fehlurteil oder verbirgt sich ein Stück Wahrheit dahinter? Überblick Kohlenhydrate Zucker gehört zu den Kohlenhydraten. Der Begriff bezeichnet i.d.R. den "normalen" Haushaltszucker, die Saccharose. Sie ist ein Zweifachzucker (Disaccharid), d.h. sie besteht aus zwei Bausteinen, einmal Traubenzucker (Glukose) und einmal Fruchtzucker (Fruktose). Andere Disaccharide sind z. B. der Milchzucker (Laktose) und der Malzzucker (Maltose). Neben den Disacchariden gibt es sogenannte Einfachzucker (Monosaccharide), Mehrfachzucker (Oligosaccharide) und Vielfachzucker (Polysaccharide, komplexe Kohlenhydrate):
Kohlenhydrate unterscheiden sich zum Teil erheblich in ihren Eigenschaften, so beispielsweise: Süßkraft Polysaccaride schmecken nicht süß, auch Oligosaccharide haben nur eine schwache Süße. Bei den Mono- und Disacchariden ist die Süßkraft sehr unterschiedlich:
Fruktose schmeckt sehr fruchtig. Die Intensität ihrer Süße verändert sich mit der Temperatur, z.B.: bei +5 °C 145%, bei 40 °C 100%, bei 60 °C 80% Süßkraft. Fruktose kann somit sehr gut zum Süßen von Nachtisch und anderen kühlen Speisen und Backwaren verwendet werden. Man kann Kalorien einsparen, weil weniger verwendet werden kann als bei Saccharose, um den gleichen Süßeffekt zu erzielen. Beim Backen muss die Temperatur vorsichtig gewählt werden, da Fruktose schnell bräunt. In größeren Mengen wirkt sie abführend. Glukose, Laktose und Maltose sind eher ungeeignet zum Süßen. Auf Grund ihrer geringeren Süßkraft braucht man mehr, um den gleich Süßeffekt zu erzielen wie bei Saccharose. Diese Zucker können gut verwendet werden, wenn Speisen kalorisch angereichert werden sollen. Quellfähigkeit Stärke quillt bei höheren Temperaturen und kann bis zum 100fachen des Eigengewichtes, wie im Falle der Kartoffelstärke, an Wasser binden. Beim Abkühlen wird die Masse fest (Puddingeffekt). Cellulose und andere Ballaststoffe quellen ebenfalls in Wasser und erfahren eine deutliche Volumenzunahme. Ein Effekt, der bei der Verdauung gut zu spüren ist: Reichlicher Verzehr von Ballaststoffen fördert einen gesunden Stuhlgang: das Stuhlgewicht steigt, die Darmpassage wird verkürzt, der Darm ist "mobiler". Macht Zucker dick? Kohlenhydrate enthalten rund 4 kcal je Gramm. Sie sind unsere wichtigste Energiequelle. Damit der Körper diese Energie nutzen kann, müssen Disaccharide, Oligo- und Polysaccharide bei der Verdauung von bestimmten Enzymen, wie Amylasen und Saccharidasen, in die Einzelbausteine gespalten werden. Diese gelangen aus dem Darm in die Blutbahn und so an alle Orte im Körper, wo sie gebraucht werden. Glukose ist die wichtigste Energiequelle für die menschlichen Körperzellen. Aus ihr kann sowohl mit Hilfe von Sauerstoff (aerob) als auch ohne Sauerstoff (anaerob) Energie gewonnen werden. Der Abbau wird als Glykolyse bezeichnet. Die meisten Organe und Gewebe (z.B. Muskulatur, Fettgewebe) brauchen das Hormon Insulin für die Aufnahme von Glukose in die Zellen und deren Verwertung. Insulin, im Zusammenspiel mit anderen Hormonen, sorgt dafür, dass der Blutzuckerspiegel in engen Grenzen konstant gehalten wird: Nach Verzehr beispielsweise einer Scheibe Brot, einer Banane oder von Keksen steigt der Blutzuckerspiegel. Die Bauchspeicheldrüse schüttet Insulin aus Das sorgt für die Aufnahme der Blutglukose in die Zellen, der Blutzuckerspiegel sinkt wieder. Umgekehrt, z.B. nach intensiver körperlicher Anstrengung, sorgen die Gegenspieler des Insulins dafür, dass Glukose aus den Depots freigesetzt wird und der Blutzuckerspiegel wieder ansteigt . Fruktose wird rasch verwertet. Ein geringer Teil wird in den Dünndarmzellen in Glukose umgewandelt. In der Leber kann Fruktose in die Glykolyse oder die Glykoneogenese (= Neubildung von Glukose) eingeschleust werden bzw. auch über die Bildung von Glycerin für die Neubildung von Triglyceriden (Fetten) verwendet werden. Das Besondere: die Verwertung der Fruktose ist unabhängig von Insulin. Allerdings ist die Kapazität begrenzt auf etwa 50 g / Tag. Je nachdem, welche Lebensmittel gegessen werden, steigt der Blutzuckerspiegel, und in der Folge auch die Insulinausschüttung, unterschiedlich stark. Beispielsweise gelangen Kohlenhydrate aus Vollkornbrot sehr viel langsamer in die Blutbahn als Kohlenhydrate aus Limonade. Maßstab für das Ausmaß des Blutzuckeranstiegs nach Verzehr einer kohlenhydrathaltigen Mahlzeit ist der glykämische Index (GI). Lebensmittel mit einem hohen GI wie Glukose, Weißbrot, Limonaden, aber auch Kartoffeln, Reis oder Möhren bewirken einen steilen Blutzuckeranstieg und eine starke Insulinreaktion. Insulin bringt den Blutzuckerspiegel wieder auf Normalniveau, denn es veranlasst die Aufnahme von Glukose in die Körperzellen. Insulin hat jedoch noch andere Wirkungen. Beispielsweise hemmt es auch die Lipolyse (Spaltung von Triglyceriden im Fettgewebe) und fördert die Einlagerung von Körperfett. Ein Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Lebensmittel mit hohen GI und Adipositas konnte bislang nicht bestätigt werden. Allerdings stufen Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen dem Konsum an zuckergesüßten Getränken wie Limonaden und Adipositas als wahrscheinlich (Erwachsene) bzw. möglich (Kinder) ein. Neben dem glykämischen Index sollte auch das Verhältnis von Nährstoffgehalt zu Kaloriengehalt der Lebensmittel berücksichtigt werden. Saccharose beispielsweise hat kein Eiweiß, keine Vitamine, Mineralstoffe oder Ballaststoffe und liefert nur Energie. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von "leeren" Kalorien. Ähnliches gilt für viele süße Getränke und Süßigkeiten. Je mehr davon konsumiert werden, umso schwieriger wird es, den Nährstoffbedarf zu decken ohne dass zu viele Kalorien aufgenommen werden. Jeder Bundesbürger konsumiert durchschnittlich 93 Gramm Zucker pro Tag, eingeschlossen der Zuckergehalt in Süßwaren. Das sind umgerechnet rund 370 kcal oder bereits 15 % des durchschnittlichen täglichen Energiebedarfs eines Erwachsenen. Unter gesundheitlichen Aspekten spricht nichts gegen einen moderaten Zuckerverzehr, wenn die Ernährung insgesamt ausgewogen ist. Günstig ist es, wenn Süßes zum Abschluss einer Mahlzeit gegessen wird und nicht laufend zwischendurch genascht wird. Ist Zucker ein Vitaminräuber? Fakt ist, dass Vitamin B1 als Coenzym für den Abbau der Glukose benötigt wird. Es wird hierbei jedoch nicht verbraucht, da es lediglich Stoffwechselreaktionen ankurbelt (Katalysator). Zucker und andere Kohlenhydrate können deshalb nicht als "Vitaminräuber" bezeichnet werden. Fakt ist aber auch, dass Zucker und viele Süßigkeiten, ebenso wie Weißmehlerzeugnisse, kein oder nur wenig Vitamin B1 enthalten. Andere kohlenhydratreiche Lebensmittel enthalten das Vitamin hingegen reichlich. Dazu gehören insbesondere Vollkornerzeugnisse, Kartoffeln und Hülsenfrüchte. Entscheidend ist somit die Lebensmittelwahl: Wenn viel Vollkornbrot und -erzeugnisse, Kartoffeln u.ä. gegessen werden, dann sind moderate Mengen Süßes im Hinblick auf die Vitamin B1 Versorgung kein Problem. Ist Zucker Nervennahrung? Das Zentralnervensystem gewinnt seine Energie i.d.R. aus Glukose. Insofern stimmt die Aussage, dass Zucker Nervennahrung ist. Sehr viel besser als reiner Zucker ist aber im allgemeinen z.B. ein frischer Apfel, der sowohl Zucker als auch verschiedene Vitamine und Mineralstoffe enthält. Ähnliches gilt für Brot, Getreideflocken, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Gemüse und andere Obstarten: Stärke und fruchteigener Zucker versorgen den Körper mit Energie; darüber hinaus werden Denk- und Lernprozesse nachhaltig durch die Fülle an verschiedenen B-Vitaminen unterstützt. Anders in Situationen, wo eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) droht, wie beispielsweise bei Diabetes oder bei starken körperlichen Belastungen. Hier muss sehr schnell verfügbarer Zucker aufgenommen werden. Das kann einfach mit einem Stück Traubenzucker gelingen. Wie viel Zucker darf es sein? Entsprechend den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr der Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ist es... optimal, wenn ...
2018 haben die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Deutsche Adipositas Gesellschaft (DAG) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ein Konsensuspapier mit Empfehlungen zur Zuckerzufuhr in Deutschland verabschiedet. Die Fachgesellschaften empfehlen, dass maximal 10 Prozent der Tageskalorien in Form von freien Zuckern (= Mono- und Disaccharide, die Lebensmitteln zugesetzt werden, sowie natürlich vorkommende Zucker in Honig, Sirupen, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten) aufgenommen werden sollen. Ein einfaches Rechenbeispiel soll dies verdeutlichen: Eine 32jährige Frau, mittlere körperliche Aktivität, mit einem Kalorienbedarf von rund 2300 kcal/ Tag sollte demnach bis zu etwa 55 g freie Zucker aufnehmen. Diese Menge wird bereits erreicht durch: 25 g Konfitüre: ~ 15 g Zucker + 50 g Gummibärchen: ~ 38 g Zucker Zucker hat viele Namen Zucker wird vielen Lebensmitteln zugesetzt ohne dass dies auf den ersten Blick zu erkennen ist. Auskunft gibt das Zutatenverzeichnis bei verpackten Lebensmitteln. Unterschiedliche Bezeichnungen weisen auf die zugestzte Süße hin: Glukose, Glukosesirup, Traubenzucker, Fruktose, Fruchtzucker, Dextrose, Maltodextrin, Maltose, Malzzucker, Laktose, Milchzucker, Saccharose u.v.m. Auch "natürliche" Süßungsmittel wie Honig, Sirup oder Fruchtdicksäfte sollten beachtet werden. Sie sind aus gesundheitlicher Sicht ähnlich zu werten wie herkömmlicher Zucker. Honig enthält etwa 80 % Zucker (Glukose, Fruktose, Saccharose). Sein Energiegehalt beträgt 3,3 kcal/ g. Zum Süßen kann die gleiche Menge Honig wie Zucker verwendet werden, vielleicht auch etwas weniger, da Honig geschmacksintensiv ist. Durch seine klebrige Konsistenz birgt er allerdings ein hohes Kariesrisiko. Ahornsirup enthält durchschnittlich 65 %, Rübensirup etwa 62 % und Apfel- und Birnendicksaft 78 % Zucker. Unser Tipp: Wenn Sie Ihren Zuckerkonsum einschränken möchten... Ungefähr zwei Drittel des Zuckers nehmen wir "versteckt" über verarbeitete Lebensmittel auf, das meiste über Getränke. Oft wird nicht berücksichtigt, dass Fruchtsäfte genauso viel Zucker enthalten wie Limonaden oder Cola. Im ersten Fall ist es die natürliche Fruchtsüße und im anderen Fall der zugesetzte Zucker. Der Kaloriengehalt des Zuckers ist in beiden Fällen identisch.
Süßes bedeutet für viele von uns Genuss und Spaß beim Essen. Das soll auch so sein. Entscheidend ist letztendlich die Menge. Zuviel Zucker oder süße Lebensmittel beeinträchtigen das Geschmacksempfinden für die natürlichen Aromen der Speisen und können langfristig in überflüssigen Pfunden zu Buche schlagen. Quellenangaben und weitere Informationen
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