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Planetary Health Diet
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Planetary Health Diet – die ausgewogene Ernährung für Erde und Mensch. Weltweit wechseln sich Katastrophenmeldungen ab: Flächenbrände, Pandemien, Dürren und Hochwasserkatastrophen, Plastikfluten im Meer, Eisschmelze und Artensterben. All diese Extreme sind Symptome eines aus dem Ruder laufenden Ökosystems. Parallel befindet sich die Weltbevölkerung in einer Ernährungskrise. Noch immer stehen sich in der Welt Hungersnöte und Überernährung gegenüber. Ernährungsmitbedingte Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Krebs stellen weltweit den Hauptfaktor eines frühzeitigen Sterberisikos dar. Unsere derzeitige Ernährungsweise ist also im Durchschnitt alles andere als ausgewogen und gesund. Schätzungsweise wird die Menschheit im Jahr 2050 auf zehn Milliarden Erdbewohner angewachsen sein und es stellt sich dann die Frage: „Wie werden alle satt?“ Lange Zeit wurden die verschiedenen Problemlagen getrennt in unterschiedlichen Fachdisziplinen diskutiert. Die EAT-Lancet-Kommission, ein Gremium aus 37 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 16 Ländern mit den Schwerpunkten Ernährung und Ernährungssysteme, Gesundheit, Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowie Politik, Verwaltung und Wirtschaft, hat in einem dreijährigen Projekt Ergebnisse aus Ernährungsstudien zu Fehlernährung und Krankheitsursachen mit ökologischen Problemfragen zusammengebracht. Ihre Berichte wurden 2019 in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht. Johan Rockström, Resilienzforscher und Direktor des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, ist einer der Hauptvertreter der EAT-Lancet-Kommission. Bei seiner Erforschung des Erdsystems ist er vor allem mit seinem Modell der „planetaren Grenzen“ bekannt geworden. Darin hat er neun verschiedene ökologische Belastbarkeitsgrenzen des Ökosystems identifiziert, die als Teilsegmente in einer Grafik die Handlungsspielräume der Menschen aufzeigen und als Gesamtbild den Zustand unseres Planeten wiedergeben. Grafik: Planetare Grenzen (pdf, im Internet unter bpb.de, Zugriff 26.02.2021) Beim Überschreiten der definierten Grenzen gefährdet die Menschheit ihre Lebensgrundlagen. Dies ist bei den biochemischen Kreisläufen wie z.B. beim Phosphor- und Stickstoff-Kreislauf, beim Klimawandel sowie beim Verlust der biologischen Artenvielfalt bereits der Fall. Hier sind die Grenzen schon weit überschritten. Bei der Versauerung der Ozeane, bei der Süßwassernutzung sowie bei Landnutzungsänderungen, wie beispielsweise Abholzungen, befinden sich die Grenzmarken im Warnbereich. Hier besteht ein erhöhtes Risiko gravierender Folgen. Die Wissenschaftler der Kommission sehen in der Landwirtschaft bzw. dem Ernährungssektor mit die größten Verursacher dieser Grenzüberschreitungen. Die Ozonverluste in der Stratosphäre, Aerosol- bzw. Partikelverschmutzung in der Atmosphäre sowie eventuelle Einträge neuer Substanzen und Organismen in die Natur sind weitere Indikatoren des Erdzustandes. Hier sind Belastungsgrenzen teilweise noch nicht definiert. Das hohe Ziel der EAT-Lancet-Kommission ist es, ein nachhaltiges Ernährungssystem zu etablieren, um für eine steigende Weltbevölkerung eine gesunde Ernährung innerhalb der planetaren Grenzen zu gewährleisten. Um in einem ersten Schritt eine optimale „gesunde Ernährung“ zu definieren, wurden in einer Meta-Analyse verschiedene Ernährungsstudien zusammengeführt, in denen verschiedene Ernährungsweisen auf Zusammenhänge mit Herzinfarkt, Diabetes und Krebserkrankungen untersucht wurden. Dabei wurde bei einem erhöhten Verzehr von verarbeitetem Fleisch und explizit auch von rotem Fleisch ein um 40 Prozent höheres Erkrankungsrisiko diagnostiziert. Geflügelfleisch sowie Milch und Milchprodukte wurden dagegen relativ neutral eingestuft. Seefisch und pflanzenbetonte Ernährungsweisen mit viel Gemüse, Hülsenfürchten, Vollkornprodukten und Nüssen senken nachweislich das Krankheitsrisiko. Weitere von der EAT-Lancet-Kommission herangeführte Studien belegen zudem einen engen Zusammenhang zwischen Übergewicht und einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko. Als Resultat aus den wissenschaftlichen Evidenzen legt die Kommission eine aus ihrer Sicht vertretbare Tagesempfehlung mit reduzierten Verzehrsmengen tierischer Produkte vor, ohne dass gänzlich auf bestimmt Lebensmittel verzichtet werden muss. Auch Zucker, stärkereiche Lebensmittel und gesättigte Fette sind darin stark reduziert, wohingegen Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Nüsse in der Gesamtmenge weit überwiegen sollten. Bei Erwachsenen wird eine Kalorienzufuhr von etwa 2100 kcal/ Tag zu Grunde gelegt. Tabelle: Tages-Verzehrsempfehlung im Rahmen der Planetary Health Diet LebensmittelgruppeAufnahme in g/Tag (Toleranzspannen)kcal/Tag Kohlenhydrate Vollkorngetreide, z.B. Reis Weizen, Mais (Trockengewicht)232811 Stärkereiche Gemüse, z.B. Kartoffeln, Maniok50 (0-100)39 Gemüse300 (200-600)78 Obst200 (100-300)126 Proteinquellen Rindfleisch / Lammfleisch, Schwein14 (0-28)30 Geflügel2964 Eier13 (0-25)19 Fisch28 (0-100)40 Hülsenfrüchte75 (0-100)284 Nüsse50 (0-75)291 Milch/ Milchprodukte250 (0-500)153 Zugesetzte Fette Ungesättigte Fette40 (20-80)354 Gesättigte Fette11,8 (0-11,8)96 Zugesetzte Zucker31120 Quelle: EAT-Lancet-Kommission, The Lancet 2019 In einem zweiten Schritt wurden die planetaren Grenzen bei verschiedenen, beispielhaften Ernährungssystemen ausgelotet, um dann in einem dritten Schritt einen Änderungsplan für die weltweite menschliche Ernährung festzulegen, mit dem die Grenzen eingehalten werden können. Zu Kalkulationszwecken wurden Modellregionen, sogenannten „Blue Zones“, ausgewählt, deren Bevölkerung sich annähernd gemäß der Planetary Health Diet der EAT-Lancet-Kommission, also pflanzenbasiert und/ oder fischreich ernährt und in denen Menschen standardmäßig ein hohes Lebensalter erreichen. Zu diesen Modellregionen gehörten Japan mit einem hohen Fischverzehr, der Mittelmeerraum mit gemäßigtem Lammfleischkonsum innerhalb einer mediterranen Ernährung, Costa Rica mit vergleichsweise vielen Milchprodukten und Kalifornien mit einem starken veganen Ernährungstrend. In allen Modellregionen wurden die spezifischen Ernährungsweisen mehreren Analysen unterzogen: Als erstes erfolgten Nährstoffanalysen. Jede einzelne der beschriebenen Ernährungsformen der Blue Zones lag über der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Nährstoffversorgung, einzig bei Vitamin B12 wird teilweise eine Supplementierung nötig. Des Weiteren errechnete man die jeweils vermeidbare Krankheitslast, wenn sich jeder in diesen spezifischen Formen ernähren würde. Die Zahl der frühzeitigen, vermeidbaren Todesfälle, die derzeit bei 20 Prozent der Todesfälle liegt, könnte somit überall mindestens halbiert werden. Daneben wurden in den Blue Zones Umweltanalysen anhand von länderspezifischen Faktoren wie Treibhausgasemissionen, Land- und Wassernutzung sowie des Einsatzes von Stickstoff und Phosphor durchgeführt. Die Studien brachten die Erkenntnis, dass mit der Planetary Health Diet die Menschheit gerade so innerhalb der planetaren Grenzen bliebe. Schon eine Portion Fleisch mehr pro Woche, bezogen auf die Weltbevölkerung, würde zu Überschreitungen der ökologischen Belastungsgrenzen führen. Eine umfangreiche Systemanalyse rundete die Studien ab. Hierbei wurde eine veränderte Ernährungsweise mit weiteren Erfordernissen zur Senkung des Ressourcenverbrauchs kombiniert, beispielsweise mit einer Änderung der Anbaumethode, mit einer erheblichen Reduzierung der Lebensmittelverschwendung und mit den zukünftigen demografischen Gegebenheiten. Aus dieser Analyse folgerte die EAT-Lancet-Kommission, welche Änderungen im gegenwärtigen Ernährungssystem notwendig sind, um das gesetzte Ziel zu erreichen. Für Deutschland würde es bedeuten, dass die Verzehrsmengen von rotem Fleisch um 90 Prozent reduziert werden müsste, die Mengen an Milch und Milchprodukten und auch von Zucker und gesättigten Fetten müssten sich halbieren. Bei Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüsse sind dagegen die täglichen Rationen zu verdoppeln. Damit eine rasche Umstellung des Ernährungssystems gelingt, rät die EAT-Lancet-Kommission zu staatlichen Steuerungselementen, so zum Beispiel zu einer CO2-Bepreisung der Lebensmittel, zu einer Reform der Agrarsubventionen und schließlich zu Gesundheitssteuern auf krebserregende Lebensmittel, zu der die Kommission vor allem rotes und verarbeitetes Fleisch zählt. Ein weiteres Steuerungselement wäre auch eine geeignete Distributionspolitik, in der die Versorgung mit nachhaltig erzeugten Lebensmitteln favorisiert und logistisch gesichert wird und die dabei für einen sozial gerechten Ausgleich sorgt. Damit sollten auch eine Regulierung der Werbung und Kampagnen zur Ernährungsbildung einhergehen. Zusammenfassung Die EAT-Lancet-Kommission bilanziert: Die derzeitige Ernährungsweise der Menschen ist ungesund und mit erhöhtem Sterblichkeitsrisiko verbunden. Zudem beruht die Erzeugung unserer Lebensmittel zu einem großen Teil auf der Verletzung planetarer Grenzen. Dadurch ist auch unser Klima bedroht. Um künftig die Lebensmittelproduktion ökologisch kompatibel an den Bedarf einer wachsenden Weltbevölkerung anzupassen, bedarf es einer radikalen Ernährungswende. Im Wesentlichen empfiehlt die Kommission eine überwiegend pflanzenbasierte Ernährungsweise. Dabei müssen wir auf eine nachhaltige Erzeugung und Distribution von Lebensmitteln gänzlich umsteigen. Global gesehen müsste das ganze Versorgungssystem mit Lebensmitteln neu aufgestellt werden. Ein weiteres Erfordernis ist die Halbierung der Lebensmittelverluste. Ohne kategorische Änderung des Ernährungssystems ist die Chance, den Klimawandel abzuwenden, recht gering und die Zeitspanne, die Ernährungswende noch rechtzeitig umzusetzen, ist kurz. Quellen und weiterführende Informationen EAT-Lancet-Report: Strategische Ansätze zur Umstellung des weltweiten Ernährungssektors, deutsche Übersetzung, in: Ernährungs Umschau, Heft 7/2019 Gesa Maschkowski: Planetary Health Diet – Herausforderung und Chancen für eine nachhaltige Transformation unseres Ernährungssystems, in: Ernährung im Fokus, Heft 1/2020 Mario Springmann: Ernährung als Teil der Lösung: Planetary Health Diet - Neue Empfehlungen für Teller und Tonnen, Redebeitrag beim BZfE-Forum am 02.09.2020, im Internet BZfE-Kanal unter youtube.com (Zugriff am 17.02.2021) Clarissa Juse: Planetary Health Diet: So können wir mit unserer Ernährung das Klima retten, Sendungsbeitrag Quarks vom 13.08.2020, im Internet Quarks-Kanal unter youtube.com (Zugriff am 17.02.2021) Bundeszentrale für Politische Bildung (Hrsg.): Planetare Grenzen, im Internet unter bpb.de (Zugriff 25.02.2021)
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